Freitag, 21. Juni 2013

Die Newsletter-Plage – Liebe Unternehmen: Gewaltsame Kundenbindung funktioniert nicht!

Ist Ihnen das auch schon mal passiert? Der ach-so-mega-interessante Newsletter eines Anbieters, mit dem Sie noch nie etwas zu schaffen hatten, trudelt in Ihr Postfach. Pflichtbewusst und rücksichtsvoll, wie Sie sind, versuchen Sie sich gleich von der Verteilerliste abzumelden, doch entweder gibt es keinen solchen Link – oder er funktioniert nicht oder nur nach Registrierung auf einer Webseite. Was tun?

Aktueller Anlassfall:
Der Online-Broker einer österreichischen Bankengruppe schickte mir die Information, dass "Neukunden nur für kurze Zeit ab 2,50 Euro" handeln könnten. Super! "Aber habe ich mit Euch eigentlich schon jemals zu tun gehabt? Ich glaube nicht!", denke ich, und suche nach entsprechenden Hinweisen in der E-Mail. Ergebnis: Ich hätte mich auf deren Webseite registriert und den Informationsdienst aktiviert. Ein Blick in meine Passwort-Bibliothek und das Mailarchiv beweist das Gegenteil.

Mal schnell auf den Abmeldelink klicken, und siehe da: "Für die gewünschte Seite müssen Sie eingeloggt sein"! Uff. So etwas geht gar nicht. Also E-Mail-Filter anlegen, Spam melden und Nachricht löschen.

Immerhin hat die Bank noch so getan, als würde sie die Regeln befolgen: Zwar fehlen verpflichtend zu nennende Unternehmensinformationen, aber wenigstens erfährt man, wer dahinter steckt. Klar, die Bank will Kunden. Ich werde auch darüber informiert, warum ich diesen Newsletter erhalte, und wie ich mich abmelden könnte, auch wenn das eine nicht stimmt und das andere nicht funktioniert. Von einem doppelten Opt-in, das sich aus dem rechtlichen Dickicht etabliert hat, ist natürlich weit und breit keine Spur.

Ich möchte nicht kleinlich erscheinen. Ich bemühe mich, mein Postfach sauber zu halten, wobei mir die automatische Spamerkennung meines bevorzugten Anbieters GMAIL schon sehr viel Arbeit abnimmt. Ich versuche auch zu verstehen, dass manche Menschen keine andere Möglichkeit sehen, zu Geld zu kommen, als so viele Erdenbewohner wie möglich mit Spam-Nachrichten zuzumüllen. Es soll sich bei Abnehm- und Aufrichtmedikamenten, Datingportalen und die Millionenonkels aus Nigeria um richtig lukrative Geschäfte handeln. Auch das Mail mit den zehn Rechtschreibfehlern im Betreff, das den Leser auffordert, sich auf einer grässlichen Seite mit seinen Bankdaten einzuloggen, soll tatsächlich hin und wieder zu einem Dummen finden, den die Konsumentenschützer schließlich tröstend in ihre Arme nehmen und über die Schlechtigkeit des Internet lamentieren können. Trotz fetter Brieftasche bleiben die Spammer für mich arme Schlucker, und dank E-Mail-Filter und Spam Protection sehe ich nicht mehr viel von ihnen.

Richtig ärgerlich wird es, wenn heimische, seriös wirkende Firmen tricksen und denken, man könne Kunden gewaltsam an sich binden und zu Spammer-Methoden greifen. Manchmal mag es sich um technische Gebrechen handeln, dass die Abmeldung von einem Newsletter so gar nicht funktionieren will. Doch viel öfter habe ich den Eindruck, das Marketing habe entschieden, es den Abonnenten und Zwangsbeglückten mit der Abmeldung nicht ganz so einfach zu machen, kleine Hürden einzubauen und dies im Beschwerdefall auf die EDV zu schieben.

Was Empfänger tun können


Maßnahmen, um sich vor der Flut unerwünschter Newsletter-E-Mails zu schützen:
  • Abmelden: Suchen Sie in der Mail nach dem Abmeldelink. Es sollten maximal 2 Klicks nötig sein, um sich auszutragen.
  • Als Spam markieren: Funktioniert das nicht, oder werden Sie zur Registrierung genötigt, markieren Sie die E-Mail als Spam. Die meisten Spamfilter der Mail-Provider sind lernfähig, d.h. werden Mails bestimmter Anbieter regelmäßig "geflaggt", sieht man diese immer seltener im Posteingang.
  • Antworten: Wenn Sie sich ein Herz fassen wollen, senden Sie (bitte nur bei seriösen Firmen) eine kurze Zeile an den Versender zurück, mit der Bitte um Abmeldung. Leider stammen viele Newsletter von "noreply"-Adressen, die eine Antwort nicht zulassen.
  • Filtern: Gelangen E-Mails eines Versenders trotz Abmeldung bzw. Spam-Markierung immer noch in Ihren Posteingang, richten Sie einen Filter ein (Beispiele: GmailGmx), sodass diese E-Mails in Zukunft automatisch gelöscht oder an Ihrem Posteingang vorbeigeschoben werden. Ich nutze diese Möglichkeit sehr gerne, und es wird himmlisch ruhig ("Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!"). Passen Sie nur auf, den Filter nicht zu engmaschig bzw. missverständlich einzurichten, sonst verfangen sich auch erwünschte Mails darin.
  • Melden und abmahnen: Die behördliche Meldung und das Abmahnen des Versenders erscheinen mir persönlich zu umständlich – tut sich diese Mühe wirklich jemand an?

Was Unternehmen tun sollten


Den Marketingchefs dieser Welt sei ins Büchlein geschrieben:

Man kann Kunden nicht binden. Auch nicht mit Gewalt.


Seien Sie so attraktiv, dass Kunden und Wunschkunden es Ihnen freiwillig gestatten, sie über Ihre Angebote am laufenden zu halten. Legen Sie ihnen keine Steine in den Weg, wenn sie gehen wollen. Suchen Sie statt dessen nach den Gründen, und verbessern Sie Ihr Angebot laufend.


Folgen, sich nicht an die Spielregeln zu halten:


  • Ist Ihr Newsletter uninteressant, sinkt die Quote derer, die ihn überhaupt öffnen. Die Effizienz Ihrer Online-Kampagnen geht gegen Null. Ist der "Ruf" Ihres Newsletters erst ruiniert, werden Sie das Vertrauen nicht mehr zurückgewinnen können.
  • Schicken Sie unerwünschte Newsletter, wird ein Teil der Empfänger Ihre Mails sofort als Spam kennzeichnen. Spamfilter verschiedenster Provider stellen sich darauf ein. So "verbrennen" Sie die Absenderadresse und unter Umständen all Ihre anderen E-Mail-Adressen gleich mit. Dann landet Ihre normale Geschäftskorrespondenz im Spamordner zwischen Gaunern und Geschäftemachern.
  • Möglicherweise finden Sie sich namentlich erwähnt in Artikeln wie diesem – und das noch in zehn Jahren. Das Internet vergisst nichts. Negative Publicity sollten Sie sich nicht leisten.
  • Weniger schwer wiegen rechtliche Konsequenzen – Abmahnungen und behördliche Verfahren sind Peanuts im Vergleich zu den vorigen Punkten. Das Wichtigste, was Sie mit unsauberen Newslettern verlieren können, ist Ihre Reputation.


Wie Sie konkret arbeiten sollten:


  • Werbung per Gießkanne hat ausgedient, Permission Marketing ist hier. Im Haushalt mag man es aus Tradition noch akzeptieren, unerwünschten Werbemüll zum Altpapiercontainer spazieren zu fahren. Im Internet ist es weder erlaubt noch akzeptabel, zum Klick auf den Löschbutton genötigt zu werden. So landen Sie auch gedanklich in einer Schublade mit den Spammern dieser Welt!
  • Nur Nützliches: Verbreiten Sie nur Informationen mit wirklichem Kundennutzen (die Information selbst sollte schon nützlich sein, nicht erst Ihr aktuelles Angebot), statt Sachen zu kommunizieren, die nur Ihr Vorstand gut findet.
  • Lassen Sie nur dann etwas von sich hören, wenn es wirklich (!) Neues gibt. Und: Machen Sie es kurz & knackig – Romane lesen wir im Urlaub.
  • Spielregeln beachten: Halten Sie sich an gesetzliche und in der Praxis etablierte Regeln sowie die Robinsonliste.

Ich persönlich habe eine Abneigung gegen Newsletter von Allerweltsfirmen. Was soll schon interessant daran sein, dass man für eine beschränkte Zeit um 2,50 Euro Wertpapiere kaufen kann, eine Packung Waschmittel für die Teilnahme an einer Umfrage geschenkt bekommt oder die neue deutsche Nobelkarosse auf einer Automobilausstellung in Shanghai großen Anklang gefunden hat?

Deshalb mein abschließender Rat an Banken, Konsumgüterproduzenten und Konzerne dieser Welt:

Am besten hören Sie also gleich ganz damit auf, Ihre Kunden & Wunschkunden mit Ihrem Newsletter zu nerven, und fangen an, die Attraktivität Ihres Angebots für sich selbst sprechen zu lassen. Sie werden sehen:
Man wird Sie von alleine finden!

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